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Rezension: Den Zweifel umarmen-Die eigene Krise als Zeichen des Vorankommens- Anselm Grün-Kösel

Der Benediktinermönch PA Dr. Anselm Grün befasst sich in diesem Buch mit dem Phänomen des Zweifels. Dabei denkt er darüber nach wie Glauben und Zweifel zusammengehören, wie sie einander ergänzen und wo Zweifel uns am Leben und am Glauben hindert, aber auch wie wir mit der Verzweiflung umgehen, die mitunter über uns kommt.

Für den französischen Theologen Abaelard war es notwendig, wie Anselm Grün schreibt, alle philosophischen Grundsätze, auch die Sätze des Glaubens anzuzweifeln, um auf diese Weise genauer zu erkennen, was die eigentliche Wahrheit ist.

Man erfährt weiter, dass die Philosophie verschiedene Formen des Zweifels unterscheidet und benennt diese dann auch. Erwähnt wird René Decartes, der den Zweifel zum methodischen Prinzip erhoben hat. Auch der Sozialphilosoph Max Weber und die Physiker Heisenberg und Pauli haben gezweifelt, wie übrigens alle, die sich nicht zufrieden geben mit bisherigen Erkenntnissen. Damit wird sichtbar, dass der Zweifel wie ein Motor die Philosophen, Theologen und Naturwissenschaftler angetrieben hat, stets weiter zu forschen. Ohne Zweifel, so Pater Anselm, hätten wir den heutigen Wissensstand nicht erreicht.

Der Autor reflektiert in der Folge den Zweifel in Beziehungen, an der Fähigkeit der Mitarbeiter und an sich selbst. Dabei sind Grundzweifel nicht zwingend im Verhalten anderer begründet. Es gäbe gewisse Unsicherheiten, die einfach zu uns gehören.

Der Autor zeigt an Beispielen, wie man mit diesen Zweifeln umgeht und vergisst dabei nicht, den Glauben an Gott ins Spiel zu bringen, der den gläubigen Menschen in solchen Situationen stärkt. Doch auch der Zweifel am Glauben ist ein Thema und hier wartet Anselm Grün mit biblischen Beispielen auf.

Der Prediger Kohelet war ein typischer Zweifler. Er zweifelte alles an und war davon überzeugt, dass uns Menschen nichts trägt, alles nur Windhauch sei und wir alle das Geheimnis Gottes nicht entziffern können. Wer wie Kohelet zweifelt und erkennt, dass man sich auf nichts Irdisches wirklich verlassen kann, sollte nach Auffassung des Benediktinermönchs auf Gottes Schutz vertrauen, der uns nicht aus der Hand fallen lässt. 

Ich möchte an dieser Stelle nicht alle biblischen Beispiele, die im Buch aufgeführt sind, benennen, doch erwähnen, dass jedes Beispiel  dem Leser hilft, mit eigenen Zweifeln-  auch, was den Glauben anbelangt-, besser umgehen zu können.

Der suchende Geist, gehe stets über den Zweifel und suche nach neuen Antworten, nach neuen Worten, um den alten Glauben heute angemessen zum Ausdruck zu bringen. Pater Anselm zeigt an Beispielen, weshalb der Zweifel den Glauben stärkt, empfiehlt im Zweifel eine Herausforderung zu sehen und durch ihn hindurchzugehen, um in den Grund der Seele und damit in den Grund der Welt, in den Urgrund zu gelangen, in dem alles eins ist.

Dass es einen Zweifel gibt, den Glauben abwehrt, wird auch erörtert und auch der Zweifel in Krankheit und Not kommt zur Sprache. Hier geht es darum, zu erkennen, dass unser Selbst mehr als die Gesundheit ist.

Wie man mit Zweifeln von Kindern umgeht und was man unter Verzweiflung als Grunderfahrung des Menschen zu verstehen hat, wird ebenfalls beleuchtet.

Verzweiflung kann zum inneren Zusammenbruch führen, manchmal sogar zum Suizid. Sofern ein wichtiger Grund, auf dem wir unser Leben aufgebaut haben, wegbricht, sollten wir noch tiefer graben, bis wir zu einem Grund kommen, der nicht mehr wegbrechen kann. Es handelt sich hierbei um den Grund der Seele, in dem wir eins sind mit Gott, schreibt Anselm Grün.

Wohl dem, der den Glauben und das Vertrauen in Gott nicht verloren hat und deshalb nicht restlos auf sich selbst zurückgeworfen ist.


Sehr empfehlenswert

Helga König

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Den Zweifel umarmen: Die eigene Krise als Zeichen des Vorankommens