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Rezension: Jesus als Therapeuth

Pater Anselm Grün zeigt in diesem Buch wie Jesus durch seine Worte, in Gleichnissen und in den Heilungsgeschichten die Menschen gewissermaßen therapierte. Wie man der Einleitung entnehmen kann, kommt dem Theologen und dem Therapeuten Eugen Drewermann das Verdienst zu, auf die therapeutische Kunst und die heilende Kraft der Gleichnisse hingewiesen zu haben. Er sagt: "Psychologisch gesehen, muss es einer geglückten Gleichniserzählung gelingen, den Hörer im wörtlichen Sinne derart zu »verzaubern«, dass er aus der Welt seiner bisherigen Erfahrung in eine andere Welt versetzt wird, die seiner eigenen zwar vollkommen widerspricht, aber dennoch seinen recht verstandenen Wünschen auf das sehnlichste entspricht," (Zitat: Eugen Drewermann, Tiefenpychologie, Seite 731). Grün lässt den Leser wissen, dass Drewermann meint, dass Jesus mittels seiner Gleichnisse die Kraft der Leidenschaft von Menschen auf eine höhere Ebene führe, so dass diese Kraft in das Leben mit Gott und von Gott hineinfließt, (vgl.: S.74).

Grün zeigt an den Gleichnissen Jesu den Umgang mit Schuld, mit dem inneren Richter, auch mit den inneren Feiden, mit Neid, mit Angst, mit den eigenen Schattenseiten, mit den Illusionen und mit Enttäuschung auf und veranschaulicht des Weiteren im Zusammenhang mit den Gleichnissen die Sehnsucht nach Ganzwerdung, die Sehnsucht das Verlorende wiederzufinden und andere Sehnsüchte mehr. Wie geht man mit solchen Sehnsüchten um? Darauf wissen die Gleichnisse, Worte und Heilsgeschichten Jesu Antworten zu geben, die sehr lehrreich sind.

In Bildworten spricht Jesus die archetypischen Bilder unserer Seele an, meint C.G.Jung jedenfalls. Grün erläutert, dass diese archetypischen Bilder uns in Berührung mit unserem höheren Selbst bringen. Dieses höhere Selbst ist das Bild, das sich Gott von uns gemacht hat. Nach Platon ist nicht der gebildet, der viel weiß, sondern der, der gute Bilder in sich verankert und auf diese Weise das göttliche Selbst in sich lebendig hält. Dieses bedingt allerdings, dass wir uns frei machen müssen von Bildern der Selbstüberschätzung und Selbstentwertung, (vgl.: S.71).

Anselm Grün verdeutlicht u.a. den therapeutischen Wert folgender Sätze:

"Es gibt nichts Verborgenes, das nicht offenbar wird, und nichts Geheimes, das nicht an den Tag kommt", (Marcus 4, 22), (vgl.: S. 85).

"Nichts, was von außen in den Menschen hereinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein", (Markus, 7,15),( vgl.: S.86).

Grün ist davon überzeugt, dass dann, wenn Menschen die Gleichnisse und Worte Jesu in ihre Angst, in ihren Perfektionismus, in ihre Empfindlichkeit sowie in ihre Selbstvorwürfe hineinlassen und eine Woche lang mit einem solchen Gleichnis umgehen, ihnen als Folge eine ebensolche Wandlung geschehen könne, wie Jesus diese beim Erzählen bei seinen Zuhörern bewirkte. Von innen heraus würde das Gleichnis ihnen dann eine andere Sichtweise vermitteln, (vgl.: S.155).

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Reflektion und Meditation im Hinblick auf Gleichnisse Jesu neue Sichtweisen bedingen können, ob dies wirklich bei allen dazu führt, anders mit sich und den Mitmenschen umzugehen, vermag ich nicht zu sagen.

Meine Erfahrung ist die, dass hochgradig ignorante Menschen nicht erkenntnisfähig und letztlich nicht therapierbar sind. Dies tut dem Buch aber keinen Abbruch, denn alle, die guten Willens sind, haben die Chance, durch die Gleichnisse zu Erkenntnissen kommen, die ihnen helfen, sich von Schmerz und Leid zu befreien, um sich Neuem gegenüber zu öffnen.

Empfehlenswert.

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