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Rezension: Der Mystiker Nicolaus Cusanus- Textauswahl und Kommentar von Gerhard Wehr

Die Texte in diesem Buch stammen von dem an der Mosel geborenen Gelehrten Dr. Nikolaus Cusanus (1401-1464). Cusanus studierte zunächst ein Jahr lang Philosophie in Heidelberg, anschließend kanonisches Recht in Padua und erhielt 1423 die Doktorwürde. Anschließend studierte er Theologie in Köln und war als Legat für Deutschland in päpstlichen Diensten.

Bevor ich das vorliegende Büchlein vollständig zu lesen begonnen habe, las ich zunächst die Seiten 153-157 mit der Kopfzeile "Stimmen und Zeugnisse zu Nikolaus von Kues". Hier kann man Gedanken zu diesem Gelehrten von Johannes Trithemius, Giordano Bruno, Friedrich Schlegel, Rudolf Steiner, Josef Bernhart, Wilhelm Oehl, Karl Vorländer, Leo Gabriel, Karl Jaspers, Detlef Thiel, Alois Maria Haas und Kurt Flasch nachlesen. Ich führe alle diese Personen kurz an, um zu zeigen, dass man sich schon seit vielen Jahrhunderten mit Cusanus und seinen Texten beschäftigt.

Die Gedanken Karl Jaspers zu Cusanus fand ich am aussagekräftigsten: "Cusanus war ein Deutscher, der früh ein Europäer wurde, seinen Schwerpunkt in Rom hatte, aber seine Herkunft nicht verlor: In seiner Heimat Kues setzte er sich ein Denkmal, für das er die Mittel, die ihm seine Stellung verschaffte, fast ausschließlich verwendete: eine Stiftung für Alte mit umfangreichen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden (...). Mit der Freiheit des geschaffenen Geistes, als den er sich weiß, schwingt Cusanus sich auf im Endlichen zum Unendlichen. Die spekulative Meditation vergewissert ihn seines Ursprungs und Ziels. Von dort her erfährt er den Sinn des Erkennens und jeder Wissenschaft." (Zitat: S.156).

Dr. Gerhard Wehr zeichnet zunächst (siehe S.11-15) die Stadien des Lebens dieses Gelehrte nach, um sich anschließend mit den Elementen des Denkens von Cusanus auseinanderzusetzen. Dieser strebte unablässig nach Erkenntnis wie nach einer Verwirklichung einer allem zugrunde liegenden Einheit. Nach seiner Ansicht sollte man ein Denken überwinden, das sich grundsätzlich dem Verharren in unversöhnlichen Gegensätzen verschrieben hat, (vgl. S. 16). In seinen beiden Hauptwerken "de docta ingnorantia" und dem thematisch daran anschließenden Werk über das Wesen der Mutmaßungen sowie weiteren Schriften hat Cusanus die Ergebnisse seines Denkens schriftlich dargelegt und die sich daraus ergebenden Konsequenzen erläutert. In zahlreichen Schriften widmete sich der Gelehrte der Gottessuche. In seinen diesbezüglichen Texten bringt er zum Ausdruck, dass die Natur des Universums die Natur Gottes spiegele. Für den Menschen ist Gott nicht erkennbar und fassbar. Alles was wir Menschen von Gott und damit vom Universum wirklich wissen können, ist das, was Gott nicht ist. Gott ist nicht begrenzt, weil er Unendlichkeit ist. Wenn das Universum grenzenlos ist, dann ist nach Cusanus folglicherweise die Erde nicht der Mittelpunkt, (siehe Seite 39-74).

Folgende Texte des Gelehrten kann man dem Buch entnehmen:
- Unser Wissen als Nichtwissen
- Zum Erfassen göttlicher Wahrheiten
- Zwei Weisen der Schau Gottes
- Vom Gottsuchen
- Religionsfrieden
- Kritik des Korans
- Auf der Jagd nach Weisheit
- Briefwechsel mit den Mönchen im Kloster Tegernsee
- Cusanus in seinen Predigten
- Worte der Weisheit und des Glaubens.

Wehr kommentiert die einzelnen Texte sehr gut und trägt damit entscheidend zur Erhellung des Inhalts für den Leser bei.

Am 14.März 1454 schreibt Nikolaus von Kues an die Tegernseer Benediktiner: "Gott ist Liebe; und die Liebe zu zeigen genügt. Die absolute Liebe verkosten und schauen, das ist die höchst aller Begierden. Denn die Liebe ist das Leben des Geistes." (...) "Gott, der die Liebe ist, ist in allem." (...). Ein Suchen aber ohne Erkennen und Lieben gibt es nicht." (...) "Eine Liebe zum Guten ohne alle Kenntnis des Guten gibt es also nicht und auch Erkenntnis ohne Liebe gibt es nicht. (...)", (Zitat: 125-126).

Sehr berührt haben mich "die Worte der Weisheit und des Glaubens" des Mystikers. Besonders angetan bin ich von folgenden Worten: "Der im inneren Menschen gepflanzte Baum des Lebens kann aus sich nicht die Lebensfrucht hervorbringen, wenn er nicht die Einwirkung der Sonne der Gerechtigkeit, der ewigen Weisheit, in sich aufnimmt,"(Zitat S. 128).

Empfehlenswert.




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