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Rezension: Pilgerziele der Christenheit. Jerusalem -Rom-Santiago de Compostela

Dieses Buch enthält 400 Abbildungen zu geschichtlichen Hintergründen sowie den Bilderwelten des Pilgerwesens und insgesamt 12 wissenschaftlich fundierte Aufsätze bedeutender Fachleute aus ganz Europa, die sich mit der Pilgerthematik auseinander gesetzt haben.

Bei den Beiträgen handelt es sich um:

Julien Ries: Pilgerreisen und ihre Symbolik
Manuel C. Diaz y Diaz: Der Pilger im Mittelalter
Massimo Miglio: Pilgerfahren im Heiligen Jahr

Robert Plötz: Auf dem Weg und am Heiligen Ort
Klaus Herberts: Pilger auf dem Weg nach Jerusalem, Rom und Santiago
de Compostela
Paolo Caucci von Saucken: Die Via Francigena und die Pilgerstraße nach Rom
Juan Ignacio Ruiz de la Pena: Die europäischen Pilgerwege nach Santiago de Compostela
Marco Tangheroni: Die Pilgerrouten nach Jerusalem über das Meer
Anna Benvenuti: Rom Fernando López Alsina: Santiago de Compostela
Marco Tanheroni: Die Pilgerrouten nach Jerusalem über das Meer

Die drei zuerst genannten Autoren behandeln das Phänomen der Pilgerreise im Allgemeinen. Ries ordnet das Pilgern in den umfassenden Horizont der religiösen Anthropologie ein. Der Mensch möchte an die Stätten gelangen, an denen Heiliges sichtbar und greifbar geworden ist. Motiviert wird er dazu, weil er Zeugnis dafür ablegen will und weil er seiner selbst teilhaftig werden möchte. Der Autor definiert zunächst den Begriff Pilgerschaft. Er macht deutlich, dass der Entschluss auf Pilgerreise zu gehen, stets freiwillig sein muss, schreibt über Pilgerrouten und die Symbolik des Zentrums und der heiligen Orte.


Im geheiligten Zentrum ist sich der Pilger bewusst, ein Zentrum der Begegnung mit dem Mysterium, mit dem Göttlichen gefunden zu haben, das ihm Hilfe schenkt in seinem Alltagsleben, für sein Verhalten in seinen Beziehungen, für seine schuldbeladene Vergangenheit und für seine Zukunftsvision, für die Gesundheit seines Körpers und die seiner Seele, (vgl.: S.22). Man liest bei Ries auch von der sakralen Begegnung der griechichen und buddhistischen Pilger und von den christlichen Pilgern und ihrer Begegnung mit dem Mysterium, das am Ende jeder Pilgerfahrt steht.


Der Autor Diaz y Diaz arbeitet den Sinn und den Wert des christlichen Pilgerns im Mittelalter heraus und zwar in der Weise, wie sie sich in der mittellateinischen Literatur manifestiert. Thematisiert werden die Beweggründe der Pilger damals. So liest man, dass für den Entschluss eine Pilgerreise zu unternehmen, die Vorstellung, die sich der Fromme von der Persönlichkeit der Heiligen macht, grundlegend gewesen sei. Er musste die Fähigkeit erkennen, dass dieser erfolgreich Fürsprache für ihn einlegen könne. Um so sicherer sich der potentiellen Pilger war, desto eher war es wahrscheinlich, dass man eine Pilgereise realisierte. Willensstärke und Mut waren Grundvoraussetzungen, um zu pilgern. Man lernt das Urbild des Pilgers kennen und wird bei Diaz y Diaz auch über das geistliche Pilgerprogramm informiert.

Sehr spannend zu lesen sind auch die Pilgerfahrten im Heiligen Jahr von Massimo Miglio und hier speziell die Aufbereitung des Pilgerwesens durch das erste Heilige Jahr von 1300 und die Institutionalisierung des Heiligen Jahres im 14. und 15. Jahrhundert.


Robert Plötz informiert ausgiebig über den Pilgersegen, die Nachtwache, die Pilgerkrönung etc. und macht deutlich, was man unter Reliquien zu verstehen hat. Diese können Überreste von Heiligen sein oder auch nur Gegenstände und Kleidungsstücke, die sich in unmittelbarer Nähe der Heiligen befunden haben oder an ihre Primärreliquien "angerührt" worden sind, (vgl: S.82). Man erfährt über einzelne Zeichen am Ort und auf dem Weg Näheres und man erfährt auch, was an den Orten Jerusalem, Rom und Santiago de Compostela geschah. Thematisiert wird ferner der Sinn und Zweck von Votivgaben, Weihegeschenken und Bruderschaften.


Man liest von Berichten von Pilgern im späten Mittelalter bei Klaus Herbers und bei von Saucken über die "Via Francigena" und die Pilgerstraßen nach Rom. Diesem Bericht sind zahlreiche sehr schöne Fotos beigeben u.a. auch vom Portal des Straßburger Münsters und von der Fassade der romanischen Kirche San Michele in Pavia, wie auch von der Krypta Santo Sepolcro in Acquapendente bei Viterbo an der "Via Francigena".


Pilgerrouten in Spanien kommen u.a. zur Sprache. Juan Ignacio Ruiz de la Pena schreibt sehr interessant über den Ausbau der Reisewege nach Compostela und wer diesen gefördert hat. Eine Fülle schöner Fotos zeigen, was Pilger während ihrer Pilgerreise zu sehen bekommen. Burgos ist ein wichtiges Etappenziel für die Jakobspilger.


Marco Tangheroni macht auf die Pilgerrouten nach Jerusalem über das Meer aufmerksam und widmet sich in diesem Zusammenhang auch den Kreuzzügen. Auch hier erwarten den Leser wieder viele Fotos u.a. auch von der Krypta der unterirdischen Kreuzfahrerstadt in Akko.


Anna Benvenuti befasst sich mit der Bedeutung Roms als Pilgerort ausführlich. Fernando Lopez Alsina thematisiert Santiago de Compostela und Franco Cardini schließlich Jerusalem. Nach der Lektüre beginnt man allmählich zu begreifen, weshalb sich Menschen noch heute auf den Weg machen, um die Begegnung mit Gott am Ende ihres Weges eventuell erfahren zu dürfen, denn es ist die Begegnung mit der reinen Liebe, derer sie teilhaftig werden möchten und die sie Mühsal aller Art in Kauf nehmen lässt.



Ein wunderbares Buch.



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