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Rezension:Schönheit: Eine neue Spiritualität der Lebensfreude (Gebundene Ausgabe)

"Schönheit wird die Welt retten." (Dostojewski) 

Vor langer Zeit habe ich ein sehr gutes Buch von Umberto Eco gelesen, das den Titel "Die Geschichte der Schönheit" trägt. Nun, fast 10 Jahre später las ich erneut über "Schönheit", allerdings aus einem völlig anderen Blickwinkel betrachtet, der mit meinem eigenen sich vollkommen deckt. Der Benediktinermönch Dr. Anselm Grün deutet im Untertitel seines Buches bereits an, wohin seine gedankliche Reise bei seiner Schönheitsbetrachtung geht. Er begreift sie als neue Spiritualität der Lebensfreude. Bei dieser Spiritualität steht Gnade im Mittelpunkt, aber nicht das eigene Tun. Man nimmt das Schöne wahr und spürt, dass es uns guttut und heilend auf uns wirkt, so Pater Anselm. Jeder kennt dieses Gefühl, wenn er umgeben ist von einer schönen Landschaft, ein schönes Bild betrachtet oder harmonische Klänge vernimmt oder auch einen schönen Menschen sieht, dessen Augen Wärme ausstrahlen. Um Schönheit wahrzunehmen, bedarf es allerdings eines liebevollen Blickes, bedarf es der Achtsamkeit und auch der Ehrfurcht, so der Theologe.

Pater Anselm nähert sich des nicht unkomplizierten Themas, indem er zunächst das Schöne bei Dostojewski beleuchtet. Dort erscheint es vor allem in dem Roman "Der Idiot". In diesem Zusammenhang hat den Benediktinermönch der Gedanke, dass die Schönheit die Welt retten werde, nicht mehr losgelassen. Wie der Autor nach ausgiebigen Dostojewski-Studien ermittelt hat, war für den russischen Schriftsteller Schönheit das Gegenteil von Nützlichkeit. Dostojewski war überzeugt, dass ohne Schönheit der Mensch in Schwermut verfalle. Er begriff die erlösende Tat Jesu in dessen Handlung, Schönheit in die Seelen der Menschen zu setzen.

 Das wirklich Schöne bringt unsere Seele in Bewegung, so Pater Anselm, es bricht uns innerlich auf und lässt uns erkennen, was unser wahres Wesen ausmacht. Der Mönch reflektiert Platon und Kant im Hinblick auf deren Schönheitsbegriffe und lässt nicht unerwähnt, dass die Theologie das Schöne oft vernachlässigt hat. Dies aber bedeutet nach seiner Ansicht, "dem Sein nicht gerecht zu werden, der Schöpfung Gottes nicht gerecht zu werden". Es ist notwendig hinter die Dinge zu blicken, um überall das schöne innere Wesen zu erkennen, das Hoffnung in unser Leben bringt. Es führt zu weit, hier den gesamten philosophischen Exkurs wiederzugeben, doch Thomas von Aquin möchte ich nicht unerwähnt lassen, für den die Dinge schön sind, weil Gott sie selbst ins Dasein ruft und sie aufeinander hin ordnet und sammelt. Deutlich wird, dass der Mensch eine offene Grundhaltung benötigt, um entspannt das Schöne zu schauen und dass die Philosophie und Theologie des Schönen schlussendlich zu einer kontemplativen und mystischen Spiritualität führen.

Man erfährt in der Folge u.a. Näheres zur Schönheit Jesu Christi im Lukasevangelium und auch über die Schönheit der Schöpfung. Pater Anselm fühlt sich, wenn er durch die schöne Natur wandert, geborgen, weil er, wie er hervorhebt, nicht bewertet. Der Mönch beklagt, dass manche Menschen Schönheit nicht wahrnehmen, sondern sie hingegen nur benutzen und missbrauchen. Darin liegt ihre eigentliche Schuld. Er resümiert: "Gegenüber der ausbeuterischen Sicht der Natur braucht es die kontemplative Schau, um die Schönheit der Natur wahrzunehmen. Es braucht ein Auge, das fähig ist zu staunen und ein offenes Herz. Dann tut die Schönheit der Schöpfung unserer Seele und unserem Leib gut." (Zitat. S.69).

Pater Anselm belässt es nicht bei diesen Reflektionen, sondern stellt auch Überlegungen über die Schönheit der Sprache an und präsentiert dem Leser speziell die schöne Sprache Friedrich Hölderlins, für dessen Verständnis des Schönen die Zusammengehörigkeit des Heiligen und Schönen notwendig war. Man erfährt hier die vier Aussagen, die Hölderlin vom Schönen machte und liest auch, dass dieser Dichter in seinen Gedichten in uns die Sehnsucht nach der Liebe wecken will, damit wir in allem, was wir betrachten, Gott selbst finden, (vgl.: S.74).

Auch die Schönheit in der Musik ist Pater Anselm viel Betrachtung wert. Das hat mich speziell begeistert und auch, dass er Mozart erwähnt, der bewusst schöne Musik komponierte. Sein Ziel war es, dadurch das Traurige, die Enttäuschung, den Schmerz und auch das Böse im Menschen zu verwandeln,(S. 84ff). Was man hier durch Pater Anselm erfährt, ist wirklich überaus erkenntnisreich im Hinblick auf Mozart. Der sensible Zuhörer spürt ja Mozarts Absicht in all seinen sphärischen Klängen, selbst dann, wenn er von diesbezüglichen Aussagen Mozarts noch nichts gehört hat.

Die Schönheit darstellender Kunst und auch der Architektur und die Verwandlungskraft schöner Bilder kommen ebenfalls zu Sprache. Pater Anselm kann ich bei allem nur zustimmen, auch was die folgenden Gedanken anbelangt, insbesondere zur wahren Schönheit des Leibes, die aus der Seele kommt. Ein kaltes abwesendes Gesicht, kann niemals schön sein, denn es strahlt keine Liebe aus. Das sehe ich auch so. Schön ist ein Leib dann, wenn er durchseelt ist.

Sieben Haltungen einer Spiritualität der Schönheit erörtert der Benediktinermönch zum Schluss und erläutert Haltung und Übung im Hinblick auf:
Schauen
Genießen
Dankbar empfangen
Sich von der Schönheit heilen lassen
Die eigene Schönheit entdecken
Kontemplation und Einswerden mit dem Schönen
Die Welt und das Leben gestalten
Natürlich schafft man es nur, das Schöne wirklich zu erblicken, wenn man weder mit gierigen noch missgünstigen Augen schaut und über das Äußere hinweg tief in die Seele blickt. Dann erkennt man, das von Gott Gewollte. Die Liebe, das Licht, das Wärmende, das wir alle brauchen, um Freude empfinden zu können.

Zum Ende noch ein Zitat von Pater Anselm, das mit dem Zitat in der Kopfzeile korrespondiert und dieses verständlich macht: "Gott ist die Urschönheit, die uns fasziniert. Diese Urschönheit strahlt in allem Schönen auf, das wir in dieser Welt wahrnehmen. Und sie leuchtet in unserer schönen Seele auf." (Zitat, S. 172)

Gott ist die Liebe und es ist die Liebe, die uns alle retten wird.

Sehr empfehlenswert. 

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