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Rezension: Der schöne Tod in Wien: Friedhöfe - Gruften - Gedächtnisstätten (Gebundene Ausgabe) "

Die Autorinnen von "Der schöne Tod in Wien" sind Isabella Ackerl und Prof. Ingeborg Schödl. Die zahlreichen imposanten Fotografien hat Robert Bouchal gemacht.

Sterben, Tod und Beisetzung sind, wie man diesem Buch entnehmen kann, in der Menschheitsgeschichte seit je her mit vielfältigen Kulturhandlungen verbunden gewesen. Wie diese Kulturhandlungen ausgesehen haben und aussehen entnimmt man dem Kapitel "Vom Massengrab zur schönen Leich". Bereits vor der römischen Besiedlungszeit wurde die Trennung zwischen Wohnort und Begräbnisort vorgenommen.
Man liest von den Begräbnisriten der Ägypter zur Pharaonenzeit, die nur im Zusammenhang mit komplizierten und intellektuell langfristig entwickelten Vorstellungen vom Jenseits, von einer transzendentalen Welt der Götter, die belohnen und bestrafen, möglich waren. Damals wollte man durch die komplizierten und intellektuell langwierigen Zeremonien und Rituale, die einen Pharao auf seinem letzten Weg begleiteten, nicht nur den Göttern gefällig sein, sondern auch etwas für die Position des Herrschers im Jenseits tun. Man liest im Hinblick auf die Pharaonengräber von der Mumifizierung, von den Grabbeigaben, den Bannflüchen und vielem anderen mehr und erfährt in der Folge, dass in der Antike die Toten außerhalb der Wohnsiedlungen begraben wurden, damit sie die Lebenden nicht störten.


Die Autoren weisen auf den veränderten Umgang mit den Toten im Spätmittelalter hin. Jetzt rückte der Gedanke an Strafe und Sühne für ein sündiges Erdenleben, an die Läuterung im Fegefeuer und an eine ewige Verdammnis in der Hölle in den Vordergrund. Man versuchte sich durch Ablassbriefe, Wallfahrten und fromme Stiftungen von der erwarteten Seelenpein loszukaufen und erhoffte durch Gebetsaufträge an Klöster die Aufenthaltsdauer sündiger Verstorbener im Fegefeuer verkürzen zu können. Die Gebetsaufträge bildeten einen Teil der wirtschaftlichen Grundlage der Ordensgemeinschaften.


Nun tauchten auch verstärkt die Standesunterschiede und die Gestaltung der Begräbnisse und der Bestattungen in den Vordergrund. Das gemeine Volk wurde in "Freithöfen" mittels Totenrutsche in eine Massengruft befördert, der Adel erhielt prunkvolle Begräbnisse in der Kirche. Über diese prunkvollen Begräbnisse wird im Buch detailliert berichtet. Man liest vom spanischen Zeremoniell und anderen Trauerzeremoniellen. Alle Rituale unterlagen den Gesetzen sozialer Verträglichkeit, die festlegten, was man tun sollte und was nicht. Nicht unter seinem Stand begraben zu werden, war ein Indikator für stabile Machtverhältnisse.


In Österreich regelte Kaiser Josef das Bestattungswesen neu. Kirchhöfe und Grüfte mussten geschlossen werden, neue Friedhöfe wurden außerhalb der Stadtgrenze angelegt. 1784 dann wurde die Tiefe, Breite und der Abstand von Gräbern festgelegt. Feuerbestattungen verbot übrigens Karl der Große 785 für sein ganzes Reich. Dieses Verbot galt über Jahrhunderte.


Nach einem sehr detaillierten historischen Abriss, den ich mir erlaubt habe kurz zu skizzieren, um darzulegen wie interessant dieses Buch ist, lernt man die Wiener Friedhöfe und ihre Geschichte näher kennen. Man hat die Gelegenheit Bemerkenswertes über den "Wiener Zentralfriedhof" zu erfahren, liest über die verfallenen Grüfte des jüdischen Teils des Zentralfriedhofes und über die Bedeutung der Grablaternen. Viele Wiener Originale ruhen dort, aber auch berühmte Dichter, Maler und Musiker.


Der Zentralfriedhof soll in der schönen Jahreszeit einem prachtvollen Park mit hoch gewachsenen Bäumen, blühenden Sträuchern und vor allem mit einer äußerst vielfältigen und lebhaften Fauna gleichen. Auf dem "Lainzer Friedhof" ruht u.a. Sir Karl Popper (übrigens in einem sehr schlicht gestalteten Grab), auf dem "Grinzinger Friedhof" findet man das Grab Gustav Mahlers, aber auch die Grabstätte des Schauspielerehepaares Attila Hörbigers und Paula Wesselys.


In einem weiteren Kapitel wird man über Krypten, Grüfte und Katakomben in Wien informiert und liest u.a. von den neuen Katakomben. Hochinteressante textlichen Informationen werden hier von eindrucksvollen Ablichtungen begleitet, so etwa von Bildern diverser Prachtsarkophage und einer auf natürlicher Weise mumifizierten Leiche in der "Michalergruft", Sargschmuck in der "Kapuzinergruft" und verschiedenen Särge bekannter Persönlichkeiten.


Es gibt in der Stadt auch Friedhöfe, die unter Denkmalschutz stehen und Ruhestätten, die aufgrund privater Initiative erhalten geblieben sind, so etwa die Mozart-Gedenkstätte auf dem "Marxer Friedhof". 478 Grabstätten umfasst der "Friedhof der Namenlosen". Dort wurden ab 1854 namenlose und nicht identifizierbare Leichen bestattet, die die Donau angeschwemmt hatte.


Der "Kahlenberger Friedhof", Gedenksteine in Parks, aber auch Grabdenkmäler sowie private Gedächtnisorte und jüdische Friedhöfe, Soldatenfriedhöfe und Kriegerdenkmäler sowie der "Heldenberg in Klein-Wetzdorf" sind im Buch nicht ausgespart worden und machen deutlich, dass die Menschen aller Zeiten der Seelen der Verstorbenen Respekt zollten.


Empfehlenswert.

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